Springen Sie direkt:
Silvija Eibel arbeitet in der Marketingabteilung des VdK-Landesverbandes. Am Anfang des zweiten Jahres, in dem es den Coronavirus gibt, sagte sie: „Besondere Zeiten brauchen besondere Lösungen.“ Deshalb plante sie die Schulung des VdK Baden-Württemberg am 7. Juli 2021 als Videokonferenz. Diese Schulung findet einmal im Jahr statt. An dieser Schulung können Schwerbehinderten-Vertrauenspersonen, Betriebsräte und Personalräte teilnehmen. Die Journalistin Kimsy von Reichenbach hat moderiert. Das bedeutet, sie hat darauf geachtet, dass jeder genug Zeit zum Reden hat, dass jeder beim Thema bleibt, dass nicht alle durcheinanderreden und dass alle gut miteinander umgehen. Das war wichtig, denn es gab insgesamt sieben Referenten und 260 Teilnehmer. Zwei der Referenten gehörten zum VdK.
Die 260 Teilnehmer schauten entweder von daheim oder vom Büro aus zu. Die Konferenz dauerte 3,5 Stunden. Danach gab es noch vier Wochen lang, einmal in der Woche Workshops für die Teilnehmer. Wer sich rechtzeitig zur Videokonferenz angemeldet hatte, bekam per Post ein Paket vom VdK. In dem Paket waren die Unterlagen für die Konferenz, das Essen für die Pause, ein Thera-Band für die Gymnastik, die die Teilnehmer zusammen machen wollten und ein Beutel mit Legosteinen. Mit den Legosteinen haben die Teilnehmer viele tolle Sachen gebaut. Viele Teilnehmer haben davon Fotos gemacht und zum Beispiel auf Facebook gezeigt. Frau Eible fand die Videokonferenz gut und sagte später zur Redaktion: “Unser erstes Online-Seminar lief super!“
Worum ging es aber bei der Videokonferenz? Das Thema war:
Schwerbehindertenvertretung im Betrieb seit 1920
Der Titel der Tagung im Jahr 2021 lautet: „100 Jahre Schwerbehindertenrecht und zusätzlich die Coronapandemie – Was bedeutet das für uns?“
Angefangen mit den Vorträgen hat Professor Dr. Wolfhard Kothe. Er ist Direktor für Forschung am Zentrum für Sozialforschung (ZSH) in der Stadt Halle. In seinem Vortrag sprach er darüber, was in den letzten 100 Jahren im Bereich Schwerbehindertenrecht passiert ist: Viele Millionen Menschen kamen aus dem Ersten Weltkrieg mit einer Behinderung zurück. Deshalb entstand 1920 im Reichstag ein Gesetz. Das Gesetz sollte dabei helfen, dass Menschen mit Behinderung wieder arbeiten konnten. Schon damals gab es Schwerbehinderten-Vertrauensmänner in den Betrieben. Professor Kohte sagt: „Der Satz: „Nicht über uns ohne uns!“ war damals schon wichtig.“
Professer Kothe sprach auch darüber, dass viele Menschen mit geistiger und psychischer Behinderung während des Zweiten Weltkriegs ermordet worden sind. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es ab 1953 das sogenannte Schwerbeschädigtengesetz. Auch in diesem Gesetz ging es darum, dass Menschen mit Behinderung arbeiten konnten. In dieser Zeit, kurz nach dem Krieg, ging in dem Gesetz ganz besonders um:
- Soldaten, die sich im Krieg verletzt hatten oder
- um Menschen, die einen Arbeitsunfall hatten.
Für Menschen, die mit einer Behinderung auf die Welt kamen, gab es damals noch kein Gesetz.
Außerdem hat Professor Kothe noch über ein besonderes Beispiel gesprochen. Bei diesem Beispiel ging es um einen Mann aus den Niederlanden. Er hat 1960 in Deutschland gearbeitet und hatte einen Arbeitsunfall. Er hat darauf bestanden, dass deutsche Behindertenkündigungsschutz-Gesetz auch für ihn gilt. In dem Gesetz stand zu dieser Zeit aber drin, dass es nur für deutsche Staatsbürger gilt. Der niederländische Arbeitnehmer führte einen Prozess beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Das Gericht gab dem niederländischen Staatsbürger Recht. Deutschland musste das Gesetz ändern, denn es passte nicht zum Recht in der Europäischen Union.
1974 gab es beim Schwerbehindertengesetz (SchwbG) eine Änderung in der Art und Weise zu denken. Das bisherige Kausalitätsprinzip wurde durch das Finalitätsprinzip ersetzt. Das bedeutet: Vor 1974 war es wichtig, woher eine Behinderung kam, z.B. durch einen Arbeitsunfall oder eine Verletzung im Krieg (Kausalitätsprinzip). Ab 1974 war nur noch wichtig, dass ein Mensch eine Behinderung hatte, aber nicht mehr der Grund (Finalitätsprinzip).
Ab jetzt konnten viel mehr Menschen als früher die Vorteile des Gesetzes nutzen. Dazu gehörten auch viele Frauen mit Behinderung. Außerdem bekam die Schwerbehindertenvertretung nach und nach mehr Rechte. Zum Beispiel können die Schwerbehindertenvertreter seit 1974 an den Betriebsratssitzungen teilnehmen. Neu war auch: zum ersten Mal ging es im Behindertenrecht darum, darauf zu achten, dass es gar nicht erst zu einer Behinderung kommt. Dem Gesetzgeber ist es also wichtig, dass die Menschen gesund bleiben oder gesund werden. Dabei geht es hauptsächlich um Behinderungen, die man später im Leben bekommen kann, zum Beispiel durch einen Unfall am Arbeitsplatz Deshalb gibt es in dem überarbeiteten Gesetz Regeln dafür wie ein Arbeitsplatz gestaltet sein muss, dass jeder Mensch - egal ob mit Behinderung oder ohne - dort gut arbeiten kann und gesund bleibt.
Ein weiteres Thema im Vortrag von Professor Kothe war, wie das Schwerbehindertengesetz 2001 für das Neunte Sozialgesetzbuch SGB (IX) wichtig geworden ist. Besonders wichtig waren ihm hier diese Themen:
- Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) - Integrationsvereinbarung - oder die Inklusionsvereinbarung
Diese Begriffe stehen seit 2017 im Bundesteilhabegesetz (BTHG).
Zum Schluss erklärte Professor Kothe, dass der Gesetzgeber viel dabei geholfen hat, dass sich die Schwerbehindertenvertreter besser für Menschen mit Behinderung einsetzen können. Die beiden Fachleute vom VdK Joachim Steck (VdK-Landesobmann der Vertrauenspersonen und Bezirksvorsitzender Nordwürttemberg) und Bezirksgeschäftsführer Stefan Pfeil waren der gleichen Meinung. Sie sagten, dass Schwerbehindertenvertreter im Betrieb eine sehr wichtige Arbeit machen.
Wie die Rechte der Schwerbehindertenvertreter heute aussehen, erklärte Dr. Franz Xaver Wallner. Er ist Anwalt für Arbeitsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht. Dr. Wallner betonte gleich am Anfang: Vertrauensfrauen und Vertrauensmänner können nur dann gute Arbeit machen, wenn sie gut ausgebildet sind. Sie müssen sich im Gesetz auskennen und wissen, welche Rechte sie haben. Denn: „Wenn ich nicht gut ausgebildet bin, kann ich auch keine gute Beratung machen“, betonte der Anwalt aus Stuttgart.
Er erklärte ganz genau das Recht der Schwerbehindertenvertreter und ihrer Stellvertreter an Schulungen teilzunehmen. Besonders wichtig war ihm, dass die Schwerbehindertenvertreter bei Fortbildungen im Betrieb nicht schlechter dran sein dürfen als andere Arbeitnehmer. Außerdem erinnerte Dr. Franz Xaver Wallner die Teilnehmer daran, dass ein Schwerbehindertenvertreter ehrenamtlich arbeitet und gewählt wird. Das bedeutet, die schwerbehinderten Arbeitnehmer können einen anderen Arbeitnehmer aus ihrem Betrieb zum Schwerbehindertenvertreter wählen, auch wenn dieser selbst keine Behinderung hat.
Für ihre Arbeit als Schwerbehindertenvertreter werden die Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nicht bezahlt. Die Schwerbehindertenvertreter werden bezahlt, weil sie einen Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber haben. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber den Schwerbehindertenvertreter freistellt.
Ein anderes wichtiges Thema von Herrn Dr. Wallner waren die Kosten für einen Gutachter. Manchmal braucht ein Schwerbehindertenbeauftragter einen Gutachter. Dieser Gutachter kostet Geld. Im Gesetz steht nicht, dass der Arbeitgeber die Kosten für einen Gutachter bezahlen muss. Deshalb hier der Tipp vom Experten: „Bestellen Sie den Gutachter über den Betriebsrat, dann entstehen für Sie als Schwerbehindertenvertreter keine Kosten.“
Als nächstes war die Expertenrunde dran. Dabei sagte Joachim Steck: Wir müssen uns in der Schwerbehindertenvertretung um mehr Themen kümmern. Denn die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen wird immer schneller. Gleichzeitig möchten immer mehr Führungskräfte von den Schwerbehindertenvertretern Informationen. Der Anwalt Stefan Pfeil meinte dazu: Die Schwerbehindertenvertretung muss sich selbst um ihre Fortbildung kümmern. Sie muss vom Arbeitgeber fordern, dass sie die Möglichkeit bekommt, eine Fortbildung zu machen. Die Fortbildung muss sie während der Arbeitszeit machen dürfen.
Schwerbehindertenvertreter: Schwerbehindertenvertreter oder Schwerbehinderten-Vertrauensvertreter gibt es in Betrieben und in Behörden. Sie oder er kümmert sich darum, dass es den Menschen mit Behinderung dort gut geht und sie ihre Arbeit gut machen können. Dabei achtet er zum Beispiel darauf, dass die behinderten Mitarbeiter Unterstützung und Hilfsmittel bekommen, um ihre Arbeit gut machen zu können. Der Schwerbehindertenvertreter wird in einem Betrieb oder einer Behörde von den Menschen mit Behinderung gewählt. Dies ist möglich, wenn 5 oder mehr schwerbehinderte Menschen in einem Betrieb oder in einer Behörde arbeiten.
Weitere Namen dafür sind:
Schwerbehinderten-Vertrauensvertreter
Vertrauensmänner und Vertrauensfrauen
Marketing: Marketing ist ein anderes Wort für Werbung. Die Mitarbeiter einer Marketingabteilung kümmern sich darum, dass viele Menschen die Produkte eines Betriebs kennen. Der VdK hat keine Produkte. Deshalb kümmert sich die Marketingabteilung hier darum, dass viele Menschen die Arbeit das VdK kennenlernen.
Betriebsrat / Personalrat: Der Betriebsrat ist in einem Betrieb zuständig für die Rechte aller Mitarbeiter. Die Mitarbeiter wählen den Betriebsrat. Die Mitglieder des Betriebsrats kümmern sich darum, was für die Mitarbeiter wichtig ist, um ihre Arbeit gut machen zu können. Darüber sprechen sie mit der Geschäftsführung des Betriebs. Die Geschäftsführung hat die Verantwortung für den Betrieb.
Das gleiche gilt für den Personalrat. Allerdings arbeiten die Mitglieder eines Personalrats nicht in einem Betrieb, sondern in einer Behörde.
Referenten: Referenten halten bei einer Veranstaltung einen Vortrag.
Thera-Band: Das ist ein Gummiband, meistens ungefähr 5cm breit und unterschiedlich stark. Man benutzt es für Krafttraining. (Empfehlung: Bild vom Thera-Band einfügen)
Reichstag: So hieß die Regierung 1920. Außerdem ist der Reichstag das Gebäude, in dem die Regierung sich damals und auch heute wieder trifft.
Europäische Union (Abkürzung EU): In der Europäischen Union sind 27 Länder aus Europa Mitglied. Diese Länder arbeiten zusammen, damit es keinen Krieg in Europa gibt und es allen Mitgliedern der EU gut geht.
Europäischer Gerichtshof (Abkürzung EuGH): Der EuGH sorgt dafür, dass die Mitglieder der Europäischen Union das Recht in allen Ländern gleich anwenden. Deutschland und die Niederlande gehören ebenfalls zur EU.
Kausalitätsprinzip und Finalitätsprinzip: Kausalitätsprinzip: Bei diesem Prinzip handelt es sich um eine Art und Weise zu denken. Hier ein Beispiel: Weil ich Auto gefahren bin, muss ich zur Tankstelle fahren und tanken. Es geht also um den Grund (lateinisch: causa), warum ich zur Tankstelle fahren muss.
Im Behindertenrecht bedeutet das: Es ist wichtig, warum ein Mensch eine Behinderung hat, zum Beispiel weil der Arbeitnehmer einen Arbeitsunfall hatte oder sich im Krieg verletzt hat. Sonst bekommt der Mensch mit Behinderung keine Unterstützung um arbeiten zu können. Bezogen auf das Beispiel, warum ein Autofahrer tanken muss bedeutet das: Der Autofahrer muss tanken, weil er gefahren ist.
Das Kausalitätsprinzip galt im Behindertenrecht bis 1974.
Finalitätsprinzip: Bei diesem Prinzip handelt es sich um eine Art und Weise zu denken. Hier ein Beispiel: Weil ich mit dem Auto fahren möchte, fahre ich zur Tankstelle und tanke. Ich habe das Ziel Auto zu fahren und tanke deshalb.
Im Behindertenrecht bedeutet das: Es ist nicht wichtig warum ein Mensch eine Behinderung hat. Er bekommt auf jeden Fall Unterstützung, wenn er arbeiten möchte. Bezogen auf das Beispiel, warum ein Autofahrer tanken muss bedeutet das: Der Autofahrer muss tanken, wenn er Auto fahren möchte. Warum er fährt, ist nicht wichtig.
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): Ist ein Arbeitnehmer lange krank, sorgt der Arbeitgeber dafür , dass er Arbeitnehmer sich langsam wieder an die Arbeit gewöhnen kann. Dafür gibt es das BEM. Meistens ist ein bestimmter Mitarbeiter dafür zuständig. Diese Hilfe vom Arbeitgeber kann der Arbeitnehmer annehmen, muss das aber nicht tun.
Integrationsvereinbarung / Inklusionsvereinbarung: Bei beiden Vereinbarungen geht es darum, dass Menschen mit Behinderung bessere Bedingungen bekommen, damit sie trotz ihrer Behinderung gute Arbeit leisten können.
Ehrenamtlich: Mache ich eine Arbeit ehrenamtlich, so bekomme ich kein Geld dafür.
freistellen: Der Arbeitgeber gibt dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, eine bestimmte Stundenzahl seiner Arbeitszeit nur für die Schwerbehindertenvertretung zu arbeiten.
Bildrechte auf der Seite "http://www.vdk.de//bawue/pages/aktuelles/einfache_sprache/82968/unser_erstes_online-seminar_lief_super":
Liste der Bildrechte schließen
Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig, während andere uns helfen, unser Onlineangebot zu verbessern.