4. Juni 2021
    EINFACHE SPRACHE

    „Auch nach Corona wird sich für uns nichts ändern!“

    Eine Mutter kämpft in Baden-Württemberg um die Ankerkennung von ME/CFS

    ME/CFS ist die Abkürzung für eine Krankheit, bei der die Patienten müde und schlapp sind und keine Energie haben. Diese Krankheit heißt auch:

    • Myalgische Enzephalomyelitis (ME) oder
    • Chronic Fatigue Syndrom (CFS) oder
    • chronisches Erschöpfungssyndrom

    Solche Patienten haben starke Schmerzen und Probleme, sich zu konzentrieren. Verschiedene Infektionen können Gründe für die Krankheit sein. Klar ist: ME/CFS kann man auch nach einer Corona-Infektion bekommen.
    Celine Ritter aus Westerheim hat ME/CFS. Dadurch liegt sie seit 8 Jahren im Bett. Ihre Mutter Susanne Ritter hofft, dass sich durch COVID-19 endlich mehr Ärzte, Politiker und Wissenschaftler für die Erkrankung interessieren.

    Erschöpfte junge Frau
    © iStock.com/ljubaphoto

    Jeden Tag hat Frau Ritter mit Vorurteilen gegen die Krankheit zu tun. Ihre Tochter Celine war elf Jahre alt, als sie die Krankheit bekam. Das ist jetzt acht Jahre her. Inzwischen ist Celine volljährig. Sie hat Pflegegrad 2 und gelernt, mit ihrer Krankheit zu leben. Ihr Zimmer ist immer dunkel, denn Sonnenlicht verträgt sie nicht. Bei Spaziergängen trägt sie eine besonders dunkle Sonnenbrille.

    ME/CFS ist als Krankheit anerkannt. Aber nur 0,5 Prozent der Bevölkerung haben sie. Die Wissenschaftler forschen wenig über die Krankheit. Deshalb kennt sich kaum jemand mit den Symptomen und der Krankheit aus.

    Symptom: Zeichen für eine Krankheit.

    Auch die Beratungsstellen nicht, von denen es nur wenige gibt. Es ist für Frau Ritter normal, sich mit den Ämtern zu streiten. Auch die Ärzte helfen ihr nicht weiter. Sie sind der Meinung, es ist normal müde zu sein und Frau Ritter motiviert ihr Tochter nicht richtig.

    Dieser Kampf hört auf, wenn ME/CFS endlich als schwere, körperliche Erkrankung anerkannt wird. Deswegen kam Frau Ritter zum VdK-Landesverband Baden-Württemberg.

    Denn Aufmerksamkeit für die Krankheit zu bekommen, hilft ihr weiter. Die Suche nach Hilfe wird so lange weiter gehen, bis die Ärzte in Deutschland endlich mehr über die Krankheit und ihre Symptome wissen.

    Das Problem ist: Bei den Untersuchungen, bei denen es um ME/CFS geht, werden meist nur Patienten untersucht, denen es noch recht gut geht. Patienten, denen es sehr schlecht geht, kennen die meisten Ärzte gar nicht. Celine leidet zum Beispiel unter fast allen Symptomen und Dysfunktionen, die zu der Krankheit gehören. Diese betreffen die Gelenke, Muskeln, Nerven und Organe. Das bedeutet: Celine hat Herzrhythmusstörungen, Koordinationsprobleme, Muskelschwäche und Schwierigkeiten beim Atmen.

    Dysfunktion: Wenn ein Organ (z.B. Herz, Niere, Leber usw.) nicht richtig arbeitet, nennen die Ärzte das eine Dysfunktion.
    Herzrhythmusstörungen: Eine Krankheit des Herzens. Bei dieser Krankheit schlägt das Herz entweder zu schnell, zu langsam oder unregelmäßig.
    Koordinationsprobleme: Wenn ein Mensch ein Koordinationsproblem hat, dann hat er Schwierigkeiten sich richtig zu bewegen.

    Deswegen muss Celine einen Rückengurt tragen. Er hilft dabei, die inneren Organe an der richtigen Stelle im Körper zu halten. Sie kann nicht lange sitzen. Die meiste Zeit des Tages liegt sie im Bett. Dort lässt sie sich Bücher vorlesen, schaut Video-Filmclips oder hört Musik.

    Bis jetzt gilt ME/CFS noch als unheilbar. Die Ärzte können nur die Symptome behandeln. Die Charité kümmert sich mittlerweile um die Krankheit. Teilweise finden Online-Seminare für Ärzte zum Thema ME/CFS statt. Aber es können nur wenige teilnehmen. Deshalb dauert es sicher noch länger, bis das ganze medizinische Fachpersonal mehr über die Krankheit weiß.

    Charité: Die Charité ist ein Krankenhaus in Berlin. Es ist die größte Universitätsklinik in Europa. Hier wird forschen viele Ärzte und Wissenschaftler.

    In Bayern ist das etwas anders als in Baden-Württemberg. Zum Beispiel gibt es in Augsburg viele anerkannte Fälle. Die Ärzte dort kümmern sich darum, dass es einen guten Plan für die Versorgung der Patienten gibt. Das Uni-Klinikum Erlangen hat Ärzte, die sich mit der Krankheit auskennen. Diese halten Vorträge für Kollegen, die mehr über die Krankheit wissen möchten.

    In Baden-Württemberg ist das leider nicht so. Das merkt auch Frau Ritter, zum Beispiel wenn sie einen Termin bei einem Spezialisten möchte. Dann müsste sie entweder Privatpatientin sein und den Termin selbst bezahlen. Oder sie bekommt keinen Termin, weil viele Menschen zu diesem Arzt möchten.

    Deshalb hat Frau Ritter Anfang Januar 2020 in Ulm eine Selbsthilfegruppe gegründet. Im Moment treffen sie sich in einem Online-Meeting. Jeden ersten Sonntag im Monat trifft sich online außerdem noch eine Gruppe für Eltern mit erkrankten Kindern bis 27 Jahre. So möchte sie Betroffenen und ihren Angehörigen helfen, mit ME/CFS zu leben. Frau Ritter möchte erreichen, dass mehr Menschen die Krankheit kennen und akzeptieren.

    Außerdem hat Susanne Ritter ein Buch geschrieben. Es heißt: „Eine Erkrankung mit schwerem Gepäck“. Das Buch ist wie ein Tagebuch geschrieben. Sie beschreibt in dem Buch ihren Alltag. Aber auch, was sie mit den Jugend- und Gesundheitsämtern und mit den Kliniken und Ärzten erlebt hat. So sollen die Betroffenen sich nicht alleine fühlen. Aber auch andere Menschen sollen erfahren, was Eltern mit einem Kind mit dieser Krankheit alles erleben und wie sie kämpfen. Das Buch erscheint im Sommer.

    Die Coronavirus-Pandemie hat die kleine Familie bisher gut überstanden. Das liegt daran, dass die Familie immer unter sich ist und kaum raus geht. So gibt es kaum Möglichkeiten, sich anzustecken. Frau Ritter sieht in dem Coronavirus auch eine Chance. Sie hofft: „dass endlich mehr Zeit und Geld in die Forschung gesteckt wird“. Denn nach einer Corona-Infektion werden besonders junge Menschen nicht mehr gesund. Sie haben dann die Symptome, die auch für ME/CFS typisch sind.

    Wenn die Pandemie beendet ist, wird sich für Frau Ritter und ihre Tochter aber nicht viel ändern. Sie sagt: „ME/CFS-Patienten sind auch danach weiterhin isoliert und können nicht rausgehen. Für alle anderen wird es nach Corona normal weitergehen. Unsere Situation wird bleiben. Aber hoffentlich hilft Corona dabei, dass ME/CFS endlich als Krankheit in Deutschland anerkannt wird!“

    Sie haben ebenfalls ME/CFS?

    Selbsthilfebüro KORN e.V.
    Telefon: 0731 88 03 44 10

    Weitere Informationen gibt es bei der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS e.V.

    R. Schwarz

    Schlagworte Einfache Sprache | Erschöpfungssyndrom | ME/CFS

    Leben mit ME/CFS nach COVID-19

    Beratungsfall des Monats

    Mann im Wohnzimmer mit Krücken und Halskrause
    © iStock

    In jeder Ausgabe der VdK-Zeitung veröffentlichen wir einen Beratungsfall der VdK-Patientenberatung. Lesen Sie hier, was die Anrufenden bewegt.

    Pressekontakt

    Britta Bühler
    Sozialverband VdK Baden-Württemberg e.V.
    Telefon: 0711 619 56-53
    E-Mail: b.buehler@vdk.de

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