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31 Verbände machen schon mit
„Die Absenkung des Rentenniveaus führt dazu, dass Menschen zu Bittstellern gemacht werden. Ihnen wird im Alter die Würde genommen, wenn sie nach ihrem Arbeitsleben Grundsicherung brauchen. Das ist bitter!“, betonte VdK-Vizepräsident Roland Sing Anfang April im Haus der Katholischen Kirche in Stuttgart. Dort hatten sich 31 Sozialverbände, Gewerkschaften, zivilgesellschaftliche und kirchliche Organisationen zur Gründung des neuen Bündnisses „Bündnis gegen Altersarmut in Baden-Württemberg“ versammelt. Die Partner des breiten gesellschaftlichen Bündnisses eint die Sorge, dass bereits ab dem Jahr 2030 Millionen ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger auf den Gang zum Sozialamt angewiesen sein werden, wenn nicht heute in Rentenpolitik und Rentengesetzgebung gegengesteuert wird. Anderenfalls seien die damit verbundenen Folgen für den Zusammenhalt der Gesellschaft dramatisch, schrieben die Bündnispartner in Presseerklärung und Bündnispapier. Ein Wechsel in der Rentenpolitik sei dringend nötig und auch möglich. „Die gesetzliche Rente soll wieder die Wahrung des Lebensstandards im Alter ermöglichen. Sie muss Armut im Alter verhindern! Wir halten ein Rentenniveau von wenigstens 50 Prozent für erforderlich!“, bekräftigten die 31 Organisationen von „A“ wie „Arbeiterwohlfahrt“ bis „V“ wie „Verband alleinerziehender Mütter und Väter“. Sie plädieren für einen Kurswechsel in der Rentenpolitik noch vor der Bundestagswahl. „Eine reiche und soziale Gesellschaft darf es nicht länger zulassen, dass Menschen, die ein Leben lang gearbeitet haben, in Armut geraten.“
Auf der Pressekonferenz zum Auftakt dieser konstituierenden Versammlung erläuterte Roland Sing in seiner Doppelfunktion als baden-württembergischer VdK-Landesvorsitzender und als Vorsitzender des Landesseniorenrats (LSR) die Positionen beider Verbände zum Thema Rente. Die Rente müsse wieder ohne Abstriche den Löhnen folgen, anderenfalls erreichten immer weniger Menschen eine auskömmliche Alterssicherung. Und er plädierte dafür, das bereits auf weniger als 48 Prozent abgesenkte Rentenniveau auf 50 Prozent anzuheben. Sing pflichtete seinen Vorrednern bei, dass die gesetzliche Rente zu einem Leben in Würde reichen müsse. In diesem Zusammenhang warf er dem Gesetzgeber vor, sehenden Auges in die Grundsicherung zu steuern. Anstatt bereits jetzt gesamtgesellschaftliche Aufgaben wie beispielsweise die Mütterrente aus Steuermitteln zu finanzieren und gerade nicht einseitig der gesetzlichen Rentenversicherung aufzuladen, führe die Absenkung des Rentenniveaus dazu, dass immer mehr Rentnerinnen und Rentner die steuerfinanzierte Grundsicherung beantragen und den entwürdigenden Gang zum Sozialamt antreten müssten. Roland Sing führte vor den zahlreich versammelten Medienvertretern auch aus, wie die Erwerbsminderungsrente zur Armutsfalle wird. „Daher müssen die Rentenabschläge von bis zu 10,8 Prozent entfallen – und zwar für Neurentner und für Bestandsrentner.“ Die aktuellen Reformvorschläge zur „EM-Rente“ griffen zu kurz, bemängelte Sing in diesem Zusammenhang. Zur von der Politik favorisierten privaten Vorsorge merkte er an: „Wenn schon Vorsorge, dann müssen die Arbeitnehmer auch in die gesetzliche Rentenversicherung ergänzend einzahlen können“. Denn dort gebe es mehr Transparenz, mehr Sicherheit und keine hohen Abschlussprovisionen. Abschließend betonte Landeschef Sing: „Wir machen unsere Rentenpolitik für unsere Kinder und Enkel“. Dem pflichteten die anderen Bündnispartner und viele Teilnehmer der Pressekonferenz bei.
Martin Gross, der neue ver.di Landesbezirksleiter und Initiator des Bündnisses kam in seinem Statement auf die unterdurchschnittlich bezahlten Berufe im Dienstleistungsbereich zu sprechen. „Das betrifft zig Millionen Menschen in Deutschland, hier tickt eine soziale Zeitbombe. Wer den Mindestlohn erhält, muss 58,7 Jahre Vollzeit arbeiten, um im Alter mehr als Grundsicherung zu erhalten. Das ist ein gesellschaftspolitischer Skandal.“ Und Martin Kunzmann, der neue Vorsitzende des DGB-Bezirk Baden-Württemberg kritisierte die Abkehr von der paritätischen Finanzierung der Rentenbeiträge nach der Jahrtausendwende. „Den Beitrag zur privaten Vorsorge tragen die Beschäftigten weitgehend alleine. Doch vielen Menschen fehlt das Geld, privat vorzusorgen.“ Zudem seien die angebotenen Finanzprodukte bei Weitem nicht so leistungsfähig und kostengünstig wie die gesetzliche Rentenversicherung. Die Schwächung der gesetzlichen Rente gehe vor allem zulasten der jungen Generation. Junge Menschen bräuchten eine planbare und verlässliche Alterssicherung. Und das gehe nur mit einer solidarischen, umlagefinanzierten Rente.
Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg, hob in seinem Statement hervor, dass das Altwerden mit Veränderungen verbunden ist. Soziale Beziehungen und Aufgaben gingen verloren, Gesundheit und Mobilität seien eingeschränkt. „Wenn die Rente nicht für Kontaktpflege oder Miete reicht, belastet das ungemein.“ Bernhard Appel, Direktor des Caritasverbands der Erzdiözese Freiburg, rief dazu auf, einer fortschreitenden sozialen Ungleichheit und der weiteren Polarisierung von Armut und Reichtum in der Gesellschaft wirksam entgegensteuern. Dazu gehörten auch faire und gerechte Arbeits- und Einkommensverhältnisse als Voraussetzung für ein finanziell abgesichertes Leben im Alter.
Und Manuela Rukavina, die Vorsitzende des Landesfrauenrats, gab zu bedenken: „Frauen leben länger – aber wovon?“. Politik und Gesellschaft bauten in weiten Teilen darauf, dass Frauen ihre Erwerbsbiographien am Wohle anderer ausrichteten, bezahlten sie dafür schlechter und am Ende ihres Lebens stünden diese Frauen zum Dank dafür mit Minirenten da. Rukavina betonte, dass die überwiegend von Frauen geleistete Pflegetätigkeit sowie andere berufliche Tätigkeit im Dienstleistungssektor wichtige gesellschaftliche Arbeit sei und nicht mit niedriger Bezahlung und später zusätzlich noch mit einem abgesenkten Rentenniveau bestraft werden dürfe. „Soziale Arbeit muss uns mehr wert sein!“ plädierte sie. Und Brigitte Rösiger, Geschäftsführerin des Landesverbands alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV), ergänzte: „Alleinerziehende arbeiten viel, aber sie arbeiten praktisch ohne Aussicht auf Rente, sie steuern auf Altersarmut zu!“ Private Vorsorge könnten die Betroffenen nicht leisten.
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