Sozialverband VdK Baden-Württemberg - Ehrenamt im VdK
Url dieser Seite: http://vdk.de/bawue-marketing/ID221264
Sie befinden sich hier:

Er hat den VdK wie kein anderer geprägt

Walter Hirrlinger, Ehrenpräsident des VdK Deutschlands ist am 24. Juli 2018 im Alter von 92 Jahren verstorben. Lesen Sie über sein Leben und seine Meilensteine im VdK in einem Nachruf.

VdK-Ehrenpräsident Walter Hirrlinger verstarb mit 92 Jahren

VdK-Ehrenpräsident Walter Hirrlinger verstarb mit 92 Jahren© Martin Bauer

Von Priya Bathe, Landesverband Baden-Württemberg

Walter Hirrlinger wurde am 24. Juni 1926 in Tübingen geboren. Als Hirrlinger elf Jahre ist, wird er Halbwaise, denn sein Vater stirbt mit 58 Jahren.. Mutter und Sohn müssen gemeinsam für den Lebensunterhalt aufkommen. Das Leben des jungen Walter ist geprägt durch Knappheit, Selbstbeschränkung und Genügsamkeit. Und der Zweite Weltkrieg beginn. 1943 wird er 17-jährig einberufen und gehört zu einer Sturmkompanie, die zu Beginn 1945 in Ungarn eingesetzt wird. Während eines Häuserkampfes mit russischen Soldaten trifft ihn eine Kugel im ersten Halswirbel. Er, wird operiert, ist bis März des Jahres eingegipst und "konnte weder stehen noch sitzen"; wie er seinem Biograf Johannes Roskothen erzählt. Er ist fortan gelähmt und kommt in russische Kriegsgefangenschaft. Doch seine Invalidität rettet ihm wahrscheinlich das Leben. Denn er kommt Ende Oktober 1945 frei und nicht in ein russisches Arbeitslager erst Mitte November kommt Hirrlinger wieder in Esslingen an Die Ärzte sagen, dass er gelähmt bleiben wird. Doch unter größter Anstrengung übt er mittels Krücken wieder das Laufen. Zudem beginnt er vom Sofa aus zu schreiben und etabliert sich in Esslingen als Lokaljournalist. Er baut sich mit seinen 20-Jahren darüber ein Netzwerk auf.

Walter Hirrlinger - sein Leben in Bildern

Walter Hirrlinger - sein Leben in Bildern

  • Bild 1 von 6
    Walter Hirrlinger wird von Ministerpräsident Lothar Späth (l.) mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichneet (1979)

    Walter Hirrlinger wird von Ministerpräsident Lothar Späth (l.) mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichneet (1979)Foto: Kurt Eppler

  • Bild 2 von 6
    Ministerin Katrin Altpeter mit Walter Hirrlinger und Roland Sing, anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Sing.

    Ministerin Katrin Altpeter mit Walter Hirrlinger und Roland Sing, anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Sing.Foto: VdK

  • Bild 3 von 6
    Das Ehepaar Hirrlinger mit Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) bei der Verleihung des Verdienstordens des Landes Baden-Württemberg

    Das Ehepaar Hirrlinger mit Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) bei der Verleihung des Verdienstordens des Landes Baden-WürttembergFoto: VdK

  • Bild 4 von 6
    Die ehemalige VdK-Präsidentin und Hirrlinger-Nachfolgerin Ulrike Mascher mit dem Ehepaar Hirrlinger beim Landesverbandstag 2012 in Stuttgart.

    Die ehemalige VdK-Präsidentin und Hirrlinger-Nachfolgerin Ulrike Mascher mit dem Ehepaar Hirrlinger beim Landesverbandstag 2012 in Stuttgart.Foto: VdK

  • Bild 5 von 6
    Ein Leben vereint, das Ehepaar Lore und Walter Hirrlinger beim Landesverbandstag 2016 in der Liederhalle Stuttgart.

    Ein Leben vereint, das Ehepaar Lore und Walter Hirrlinger beim Landesverbandstag 2016 in der Liederhalle Stuttgart.Foto: Martin Bauer

  • Bild 6 von 6
    Einer der letzten öffentlichen Auftritte des Ehepaars Hirrlinger im Landesverband Baden-Württemberg. 2016 beim Landesverbandstag in Stuttgart.

    Einer der letzten öffentlichen Auftritte des Ehepaars Hirrlinger im Landesverband Baden-Württemberg. 2016 beim Landesverbandstag in Stuttgart.Foto: Klaus Makl

1945 Eintritt in den VdK

Hirrlinger wird Ende 1945 von einem Nachbarn für den VdK - geworben. Am 15. Februar 1951 steigt er zum Ortsvorsitzenden der damaligen Ortsgruppe Esslingen auf und bleibt in dieser Funktion bis zum Jahre 2014. Unter seiner Führung entwickelt sich der Ortsverband zum mitgliederstärksten in Baden-Württemberg. Parallel bildet sich Hirrlinger im Sozialrecht weiter. Er vertritt Mitglieder vor den Sozialgerichten bis hin zum Landessozialgericht. Daneben schreibt er Beiträge für die "Fackel", den Vorläufer dieser VdK-Zeitung. Sein Engagement wird auch in der Stuttgarter Landesverbandszentrale wahrgenommen. Schnell holt man ihn ins Hauptamt: Er wird im September 1953 VdK-Organisationssekretär.

Wenig später steigt er zum Landesverbandsgeschäftsführer auf und ist dieses von 1955 bis 1968 dann 13 Jahre lang. "Walter Hirrlinger war schon vor über 60 Jahren davon überzeugt, dass nur Geschlossenheit und Gemeinsamkeit zum Erfolg führen können“, erinnert sich der heutige Landeschef Roland Sing. 1955 fusioniert Hirrlinger die Landesverbände Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern zum heutigen Landesverband Baden-Württemberg mit vier Bezirksverbänden. Er lässt das Erholungsheim für Mitglieder und Kriegsopfer in Wolfegg-Alttann erbauen und ist 1964 vorrangig am zweiten Sozialprogramm des Verbands beteiligt. Man könnte Hirrlinger als pflichtbewussten Schwaben bezeichnen, sein Tagwerk macht. Aber das greift zu kurz, wie der Journalist Willi Reiners von den Stuttgarter Nachrichten sagt. Reiners kennt Hirrlinger aus persönlichen Treffen. "Walter Hirrlinger zählte zu einer Spezies, die in der Politik, , viel zu selten geworden ist. Er war ein Mann mit Ecken und Kanten, auch weil er aus einer reichen Biografie schöpfen konnte."

Aufstieg in der SPD Baden-Württemberg

Hirrlingers Hartnäckigkeit in VdK-Fragen führen aber auch zu Kontakten in die Landespolitik. Parallel läuft seine Parteikarriere in der SPD weiter. So steigt der streitbare VdK-Mann die Parteileiter von der Pike auf hoch: Vom Gemeinderat über den Fraktionsvorsitz im Landtag wird er Arbeits- und Sozialminister (1968 -1972) in der großen Koalition unter Hans Filbinger (CDU). Hirrlinger war eine Autorität, aber Carin E. Hinsinger, Landesfrauenvertreterin und ehemalige Vize-Präsidentin im VdK Deutschland erlebte Walter Hirrlinger auch anders: "Er war Autorität mit Humor, das habe ich im Präsidium, im Landesverband und als guten Freund mit ihm erlebt. Er hat die Freude am Helfen bis zuletzt nie verloren. Die Frauen im VdK waren ihm sehr wichtig." Wolfgang Drexler, heute SPD-Landtagsabgeordneter für Esslingen, bestätigt diesen Eindruck: "Für mich war er am Beginn meiner politischen Laufbahn die große politische Persönlichkeit überhaupt. Nicht nur wegen seiner enorm hohen Autorität als bedeutender Sozialpolitiker. Sondern vielmehr war es auch sehr eindrucksvoll, wie Walter Hirrlinger immer ausnehmend viel Energie dafür aufgewendet hat,
stets mit Menschen jedweder Herkunft das Gespräch zu suchen.“

Jüngster Sozialminister im Ländle

Hirrlinger wird mit 42 Jahren Minister für Arbeit und Soziales in Baden-Württemberg. In seine Amtszeit fallen Maßnahmen für den Arbeitsschutz oder auch die Erforschung von Arbeitslosigkeit, es entsteht der erste Sozialbericht Baden-Württembergs (1970). Sein Leitbild ist die produktive Sozialpolitik: Staat, Gesellschaft und Wirtschaft will Hirrlinger gemeinsam zukunftsorientiert gestalten. Ihm ist die Teilhabe von Menschen mit Behinderung wichtig. Dazu gehören die Arbeitsbedingungen in den beschützten Werkstätten. Er kennt selbst die Barrieren einer Behinderung, auch durch seiner Tochter Claudia, die 1959 geboren wird und später an Hirnhautentzündung erkrankt. In späteren Jahren wird Hirrlinger der erste Präsident der europäischen Behindertenorganisation Action Européenne des Handicapés (AEH) werden.

Norbert Blüm und Walter Hirrlinger

VdK-Landeschef Roland Sing betont, dass der Sozialdemokrat Hirrlinger über den VdK und Parteigrenzen hinweg geschätzt war. Das zeigt die Reaktion Norbert Blüms, ehemaliger Bundesarbeits- und Sozialminister (CDU). Er muss keine Sekunde nachdenken, wenn es um Hirrlinger geht: "Walter Hirrlinger war ein Felsen in der neoliberalen Brandung, die versuchte, den Sozialstaat zu unterspülen. Er gehört zu den wenigen energischen Verteidigern der guten alten Rentenversicherung. Ich habe ihn sehr geschätzt, weil er verlässlich war - ein Mann, ein Wort." Blüm erinnert sich noch eine Anekdote: "Walter Hirrlinger und ich vereinbarten, uns zu duzen, wenn wir es gemeinsam schaffen sollten, die Kindererziehungszeiten in der gesetzliche Rente zu verankern."

Walter Hirrlinger (r.) mit Helmut Kohl und Dutzfreund Norbert Blüm (l.)

Walter Hirrlinger (r.) mit Helmut Kohl und Dutzfreund Norbert Blüm (l.)© Archiv

Blüms und Hirrlingers Ziel, die Anerkennung der Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rente, wird 1986 festgeschrieben. Es ist die Zeit, in der die 38,5-Stunden der Arbeitszeit eingeführt wird (1984), aber auch die vom VdK kritisierte Gesundheitsreform in Kraft tritt (1989). Hirrlinger war von 1972 bis 1986 Geschäftsführer des gewerkschaftlichen Wohnungsunternehmens Neue Heimat Baden-Württemberg. Er wird 1982 in das Präsidium des VdK Deutschlands gewählt. Der Weg an die Spitze ist vorgezeichnet über den Schatzmeisterposten. 1990 wird er auf dem 11. Bundesverbandstag Präsident des VdK Deutschland. In diesem Amt wird er 18 Jahre auf Bundesebene aktiv sein. Fast zeitgleich ist er von 1992-2004 auch Landesverbandsvorsitzender in Stuttgart. Er stößt in Personalunion auf Landes- und Bundesebene Entscheidungen: Er bindet nach der deutschen Wiedervereinigung fünf neue Landesverbände ein, er benennt den Verband von VdK in Sozialverband VdK um und gibt dem ihm ein neues Leitbild. Hirrlinger positioniert den Sozialverband VdK parallel dazu als Interessensvertretung der Rentner in Deutschland. In den 2000er-Jahrenläuft er gemeinsam mit Gewerkschaften und anderen Verbänden gegen den Sozialabbau und die Agenda 2010 Sturm.Im Jahre 2004 gibt er seine Ämter auf Landesebene ab, auf Bundesebene im Jahr 2008, auch um seines Privatlebens willen.

Das Team Lore und Walter Hirrlinger

Hinter jedem starken Mann steht einen starke Frau. Diese Weisheit ist im Falle des Ehepaars Hirrlingers sogar wörtlich zu nehmen. Lore Kraft, spätere Hirrlinger, so schreibt sein Biograf Johannes Roskothen, trug (!) ihren Walter mit der Körpergröße von 1,87 Meter die Treppen in die mütterliche Wohnung hinauf. Es ist die Zeit nach dem Krieg, als Hirrlinger noch gelähmt ist. Grenzenloses Vertrauen scheint ein Grund für ihre lebenslange Ehe zu sein. Aber Lore Hirrlinger war nicht nur die Ehefrau "an seiner Seite", wie SPD-Mann Drexler bestätigt: "Sein am Menschen orientiertes Politikverständnis war im Übrigen nur durch die umfassende Unterstützung seiner Frau Lore möglich. Auch ihr im Zusammenspiel mit ihrem Ehemann ungeheuer engagiertes politisches Wirken war für mich sehr beindruckend – und auch prägend."

Ein Leben vereint, das Ehepaar Lore und Walter Hirrlinger beim Landesverbandstag 2012 in der Liederhalle Stuttgart.

Ein Leben vereint, das Ehepaar Lore und Walter Hirrlinger beim Landesverbandstag 2012 in der Liederhalle Stuttgart.© Martin Bauer

Lore Hirrlinger war fast 50 Jahre Kassiererin im Ortsverband Esslingen. Sie war Gründungsvorsitzende des VdK Seniorenclubs (1984). "Lore hat uns Frauen im Sozialverband VdK immer unterstützt. Sie wurde von uns Frauen verehrt. Sie ist die Grande Dame des Ehrenamts", sagt Carin E. Hinsinger. Lore Hirrlinger war auch Vorstandsmitglied der Lebenshilfe für geistig behinderte Menschen und Gründungsmitglied der Sozialstation Esslingen. Erstmals kam hier in Esslingen das "Essen auf Rädern" nach Hause. Auch parteipolitisch war sie für die Esslinger SPD als Gemeinderätin aktiv. Hans-Josef Hotz, der amtierende Landesverbandsgeschäftsführer erinnert sich zurück: "Walter und Lore Hirrlinger waren ein echtes Team."

"Mit dem Tod von Walter Hirrlinger verlässt eine große Persönlichkeit für immer unsere Organisation, die unseren Sozialverband VdK nach dem Krieg mit aufgebaut und jahrzehntelang durch mutige, visionäre Ideen und Initiativen geprägt hat. Walter Hirrlinger hat dazu beigetragen, den VdK zu einem unverzichtbaren Sozialverband zu machen – für die Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen", sagte Roland Sing bei der Trauerfeier in Esslingen. Walter Hirrlinger starb am 24. Juli 2018 im Alter von 92 Jahren.

Traueranzeige zum Tode von Ehrenpräsident Walter Hirrlinger

Traueranzeige zum Tode von Ehrenpräsident Walter Hirrlinger© VdK

Bildrechte einblenden

Bildrechte auf der Seite "https://www.vdk.de/bawue-marketing/ID221264":

  1. VdK-Ehrenpräsident Walter Hirrlinger verstarb mit 92 Jahren | © Martin Bauer
  2. Walter Hirrlinger (r.) mit Helmut Kohl und Dutzfreund Norbert Blüm (l.) | © Archiv
  3. Ein Leben vereint, das Ehepaar Lore und Walter Hirrlinger beim Landesverbandstag 2012 in der Liederhalle Stuttgart. | © Martin Bauer
  4. Traueranzeige zum Tode von Ehrenpräsident Walter Hirrlinger | © VdK
  5. Walter Hirrlinger wird von Ministerpräsident Lothar Späth (l.) mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichneet (1979) | © Kurt Eppler
  6. Ministerin Katrin Altpeter mit Walter Hirrlinger und Roland Sing, anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Sing. | © VdK
  7. Das Ehepaar Hirrlinger mit Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) bei der Verleihung des Verdienstordens des Landes Baden-Württemberg | © VdK
  8. Die ehemalige VdK-Präsidentin und Hirrlinger-Nachfolgerin Ulrike Mascher mit dem Ehepaar Hirrlinger beim Landesverbandstag 2012 in Stuttgart. | © VdK
  9. Ein Leben vereint, das Ehepaar Lore und Walter Hirrlinger beim Landesverbandstag 2016 in der Liederhalle Stuttgart. | © Martin Bauer
  10. Einer der letzten öffentlichen Auftritte des Ehepaars Hirrlinger im Landesverband Baden-Württemberg. 2016 beim Landesverbandstag in Stuttgart. | © Klaus Makl

Liste der Bildrechte schließen

Datenschutzeinstellungen

Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig, während andere uns helfen, unser Onlineangebot zu verbessern.

  • Notwendig
  • Externe Medien
Erweitert

Hier finden Sie eine Übersicht über alle verwendeten Cookies in externen Medien. Sie können Ihre Zustimmung für bestimmte Cookies auswählen.