Sozialverband VdK - Ortsverband Mühlhausen/Kraichgau
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Informationsabend zum Thema Pflegereform

Das neue Pflegegesetz - ein Meilenstein für Pflegebedürftige mit Demenz

Informationsabend der VdK-Ortsverbände Mühlhausen, Rettigheim und Tairnbach / Was bringt die neue Pflegereform?

Die soziale Pflegeversicherung ist neben der Kranken-, Unfall-, Renten- und Arbeitslosenversicherung die fünfte Säule unseres Sozialversicherungssystems. Im Jahre 1995 wurde diese letzte, große Lücke geschlossen. Mit dem neuen Pflegestärkungsgesetz wurde nun die Pflegeversicherung von Grund auf erneuert, eine Reform, die nach Meinung des VdK-Geschäftsführers Baden-Württemberg, Hans-Josef Hotz ?dringend notwendig, ja überfällig war, um den Pflegestillstand zu beenden?. Die drei VdK-Ortsverbände Mühlhausen, Rettigheim und Tairnbach griffen dieses Thema auf, und luden ihre Mitglieder, aber auch alle Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde ein, um unter dem Motto ?Was bringt die neue Pflegereform?? die komplexen Zusammenhänge näherzubringen. Dazu hatte man Sabine Schostal, Schulungsleiterin des DAK-Regionalzentrums Heidelberg und Privatdozent Dr. med. Thomas Böhler, Sozialmediziner des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Baden-Württemberg, zwei Pflegeexperten, welche die Leistungsverbesserungen der Reform, aber auch den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff erläuterten.

Infoveranstaltung "Das neue Pflegegesetz

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    Blick auf die zahlreichen ZuhörerFoto: Helmut Pfeifer

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    Hans-Josef Hotz bei seiner PräsentationFoto: Helmut Pfeifer

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    Die Referenten Dr. Thomas Böhler, Sabine Schostal, Hans-Josef Hotz (von links)Foto: Helmut Pfeifer

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    Von links: Dr. Thomas Böhler (MDK), Bürgermeister Jens Spanberger, Sabine Schostal (DAK), von den VdK Ortsverbänden Mühlhausen, Rettigheim und Tairnbach Hans-Josef Hotz, Klaus Jacobsen und Helga GrosFoto: Helmut Pfeifer

VdK-Geschäftsführer Hans-Josef Hotz sprach in seinem Eingangsreferat von einer ?sehr positiven Entwicklung? und einem ?sehr großen Erfolg?, den sein Verband auf politischer Ebene zu vermelden habe. ?Nach 20 Jahren werden Menschen mit Demenz in der Pflegeversicherung endlich gleichgestellt, weil die Pflegeversicherung von Grund auf erneuert wurde?, so Hotz. Wie sehen die zentralen Verbesserungen aus? Kernpunkt ist die neue Beurteilung der Pflegebedürftigkeit, von der mehr als eine halbe Million Menschen profitieren. Künftig werden zur Beurteilung der Pflegebedürftigkeit der Grad der Selbständigkeit herangezogen und nicht nur körperliche Einschränkungen. Damit werden geistige und körperliche Einschränkungen gleich behandelt.

Wichtig für den VdK ist nach Ansicht von Hotz auch die Tatsache, dass jeder Pflegebedürftige künftig mindestens dieselben Leistungen erhalten wird wie bisher nach dem alten Recht. Doch man wäre nicht der VdK, wenn man nicht einige Schwachpunkte im Gesetz entdeckt hätte, beispielsweise die sozialrechtliche Anerkennung der pflegenden Angehörigen, die Entwertung des Pflegegelds durch die Kostensteigerungen, das Mitspracherecht im Ausschuss für Qualitätsberichterstattung sowie die milliardenschweren Rücklagen der privaten Pflegeversicherung. Was das neue Gesetz nach Ansicht des VdK-Geschäftsführers nicht ändern kann ist die ?Misere der Pflegekräfte?:?Mit erschöpften und frustrierten Pflegekräften kann eine Pflegereform nicht wirklich gelingen?.

Sabine Schostal, Schulungsleiterin des DAK-Regionalzentrums Heidelberg, setzte sich mit der Frage auseinander, welche Leistungsverbesserungen die neue Reform bringt. Dabei wurde deutlich, dass die Unterstützung künftig früher ansetzt. So werden beispielsweise im Pflegegrad 1 Menschen eingestuft, die noch keinen erheblichen Unterstützungsbedarf haben, aber eine Pflegeberatung, eine Anpassung des Wohnumfelds oder Leistungen der allgemeinen Betreuung benötigen. Diese Leistungen der Pflegeversicherung sind dafür gedacht, dass der Mensch möglichst lange zu Hause wohnen kann. Zu diesen Leistungen gehören eine Pflegeberatung in den eigenen vier Wänden, Hilfsmittel zur Pflege sowie Zuschüsse für den barrierefreien Umbau der Wohnung. Statt der zusätzlichen Betreuungs- und Entlastungsleistungen soll es ab 2017 einen einheitlichen Entlastungsbetrag geben.

Das Geld gibt es zum Beispiel, wenn ein Pflegedienst vorliest oder mit spazieren geht. Auch kann das Geld für die Tagespflege, die Kurzzeitpflege und Betreuungsangebote verschiedener Dienste genutzt werden. Die Referentin wies auch auf die Gefahr hin, in die sich pflegende Angehörige oft begeben, die Gefahr, sich zu überfordern, zu vereinsamen und selbst krank zu werden.?Hilfsbereitschaft ist eine Tugend, die nicht immer belohnt wird, die aber notwendig ist?, so die Feststellung der Referentin. Deshalb sei es auch wichtig, sich von Zeit zu Zeit zu regenerieren und Abstand zu gewinnen.

Über den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff informierte Dr. med. Thomas Böhler.?Diese Umstellung, dieser grundlegende Systemwechsel, war notwendig?, so lobte er das neue Gesetz. Denn die Pflegeversicherung hatte bei ihrer Einführung vor 20 Jahren vor allem Menschen mit körperlichen Einschränkungen im Blick. Entscheidend war damals, wie mobil ein Pflegebedürftiger noch ist, ob er sich selbst anziehen und ernähren kann (?Hauptsache sauber und satt?). Für Dr. Böhler ist es ein großer Fortschritt, dass sich diese Betrachtungsweise geändert hat. So schließt das neue Verfahren zur Begutachtung geistige und psychische Beeinträchtigungen mit ein. In der Zukunft spielt es also keine Rolle mehr, ob körperliche oder geistige Gebrechen zur Pflegebedürftigkeit führen. Konkret ändert sich nach Aussage des Mediziners, dass es an Stelle der drei Pflegestufen ab 2017 fünf Pflegegrade geben soll. Wichtig wird bei der Einstufung künftig sein, wie selbständig der Versicherte noch ist:?Maßstab ist der Grad der Selbständigkeit und nicht mehr der Zeitaufwand des Hilfsbedürftigen?. Mit dem neuen Verfahren fällt auch das Zählen von Minuten, die zur Pflege nötig sind, durch den Gutachter weg.

Wie läuft nun die Begutachtung nach dem neuen Verfahren ab? Das Maß für die Einschätzung der Pflegebedürftigkeit soll nach Aussage von Dr. Böhler zukünftig der Grad der Selbständigkeit eines Menschen sein ? also wie selbständig er ohne Hilfe und Unterstützung von anderen sein Leben führen kann. Hierüber gibt der Gutachter seine Einschätzung ab. Sechs Bereiche sind dabei von Bedeutung: Mobilität, geistige und kommunikative Fähigkeiten, Verhalten, Selbstversorgung, Umgang mit Erkrankungen und Belastungen, Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte. In jedem dieser Bereiche werden je nach Stärke der Beeinträchtigung Punkte vergeben, die am Ende zusammengezählt werden. Die Gesamtpunktzahl entscheidet über den Pflegegrad. Nach Aussage von Dr. Böhler muss niemand Angst vor einer Schlechterstellung haben, denn bestehende Pflegestufen würden in entsprechende Pflegegrade umgewandelt.?Es besteht also ein lebenslanger Bestandsschutz?, so der Referent. Er wies auch darauf hin, dass das neue Gesetz auch den Grundsatz ?Reha vor Pflege? stärke. Durch Leistungen in der Rehabilitation könne der Eintritt von Pflegebedürftigkeit hinausgezögert oder sogar verhindert werden.

Alle drei Referenten waren sich einig, dass das neue Gesetz die persönliche Situation von Pflegebedürftigen besser berücksichtigt und die Unterschiede im Umgang mit körperlichen und geistigen Einschränkungen abbaut. Das Gesetz sei ein Meilenstein für die Pflegebedürftigen und alle, die ihr Bestes geben, um für Pflegebedürftige da zu sein.

(Rudi Kramer)

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