Kategorie Aktuelle Meldung Pflege Pflegeversicherung

Widerspruch gegen Pflegegrad lohnt sich oft

Von: Jörg Ciszewski

Der Medizinische Dienst (MDkurz fürMedizinischer Dienst) musste im Jahr 2022 rund ein Drittel der beanstandeten Pflegegrade nachträglich korrigieren. Warum es sich für Betroffene lohnt, Widerspruch einzulegen.

Ein Mann sitzt im Rollstuhl, eine Frau zieht ihm seinen rechten Schuh an.
© IMAGO / Westend61

Auf einen Blick

  1. Pflegegrad beantragen

    Um Leistungen der Pflegeversicherung zu erhalten, muss in der Regel ein Pflegegrad vorhanden sein. Der Pflegegrad wird bei der Pflegeversicherung beantragt. Er wird nach einer Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MDkurz fürMedizinischer Dienst) festgelegt. 

  2. Widerspruch möglich

    Ist die Einstufung aus Sicht der/des Betroffenen nicht korrekt, so kann ein Widerspruch eingelegt werden. Das muss innerhalb eines Monats nach Feststellung des Pflegegrads geschehen. 

  3. Der VdK hilft und berät

    Der Sozialverband VdK berät seine Mitglieder bei der Antragstellung für einen Pflegegrad und hilft beim Widerspruch gegen die Einstufung, sollte dies notwendig sein. 

Fast jeder dritte Widerspruch erfolgreich

Fast jeder dritte Widerspruch gegen einen Pflegegrad war im Jahr 2022 erfolgreich. Das zeigt, dass die Gutachten des Medizinischen Dienstes fehleranfällig sind. Es zeigt aber auch, dass das System funktioniert und es sich lohnt, Widerspruch einzulegen. 

In Deutschland sind rund fünf Millionen Menschen pflegebedürftig. Um den Grad der Pflegebedürftigkeit zu ermitteln, erstellt der Medizinische Dienst ein Gutachten. Abhängig von der Höhe des festgestellten Pflegegrads stehen der betroffenen Person Pflegegeld und Pflegesachleistungen zu.

Der VdK berät zum Thema Pflegegrad und hilft beim Widerspruch

Wenn der Antragsteller oder die Antragstellerin Zweifel an dem festgestellten Pflegegrad hat, rät der VdK dazu, Widerspruch einzulegen. Bei einem Widerspruch ist eine Frist von einem Monat nach Feststellung des Pflegegrads zu beachten. Ist der Widerspruch erfolgreich, wird der Pflegegrad korrigiert. Das kommt nicht selten vor, wie Zahlen des MDkurz fürMedizinischer Dienst zeigen.

Im Jahr 2022 wurden im Auftrag des MDkurz fürMedizinischer Dienst rund 2,5 Millionen pflegebedürftige Menschen begutachtet. Gegen 7,3 Prozent aller Gutachten legten Betroffene Widerspruch ein. Daraufhin entstanden bundesweit 185.494 Widerspruchsgutachten. Diese ergaben, dass rund 29 Prozent (54.839) der beanstandeten Pflegegrade tatsächlich falsch waren und korrigiert werden mussten. Die Rechtsberatungsstellen des VdK-Landesverbands Bayern erreichten für Externer Link:VdK-Mitglieder in rund 30 Prozent der Widersprüche eine Korrektur des Pflegegrads, berichtet der Leiter der Rechtsabteilung Daniel Overdiek.

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Gründe für falsche Einstufung

Dass ein Pflegegrad nicht korrekt ist, kann dem MDkurz fürMedizinischer Dienst zufolge unterschiedliche Gründe haben. Es ist zum Beispiel möglich, dass eine pflegebedürftige Person ihre Fähigkeiten bei der Begutachtung besser darstellt, als sie tatsächlich sind. Es kann sich aber auch der Gesundheitszustand und damit der Grad der Pflegebedürftigkeit zwischen dem Termin der Begutachtung und dem letztendlichen Bescheid der Pflegekasse über die Höhe des Pflegegrades verschlechtert haben. Durch die enorme Zunahme an Pflegebegutachtungen hat sich in den vergangenen Jahren das gesamte Verfahren in die Länge gezogen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich in der Zwischenzeit der Pflegegrad verschlechtert hat, ist damit gestiegen.

Die wachsende Zahl an Anträgen erklärt sich unter anderem mit der Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs im Jahr 2017. Damals entstand der neue Pflegegrad 1 für Menschen mit geringen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit. Allein zwischen den Jahren 2009 und 2022 hat sich die Zahl der Anträge von 2,1 auf 2,5 Millionen erhöht. Aufgrund des demografischen Wandels wird diese Zahl noch weiter steigen. Die Fehleranfälligkeit ist nicht zuletzt deswegen so hoch, weil die Gutachterinnen und Gutachter unter enormem zeitlichem Druck arbeiten müssen. Die medizinischen Dienste brauchen mehr Personal, um die Arbeit zu bewältigen.

Mut zum Widerspruch

Vor diesem Hintergrund rät VdK-Präsidenten Verena Bentele den Externer Link:Mitgliedern, im Zweifel rechtlich gegen einen Pflegegrad vorzugehen. „Die hohe Zahl an korrigierten Pflegegraden sollte allen Pflegebedürftigen Mut machen, gegen einen als falsch empfundenen Pflegegrad Widerspruch einzulegen“, sagt sie. „Die vielen Rechtsberaterinnen und Rechtsberater des VdK stehen an ihrer Seite und helfen ihnen dabei.“

Externer Link:Mehr zum Widerspruch beim Pflegegrad lesen

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